Lebensqualität und Lebenshilfe im Alter
Auch in den Augen eines Tieres ist die Lebensqualität der Grad der persönlichen Zufriedenheit. Je mehr individuelle Wünsche und Bedürfnisse im körperlichen, geistigen, seelischen Bereich und im persönlichen Lebensraum erfüllt werden können, desto stärker fühlt auch ein Tier qualitative Befriedigung, wenn es in zunehmendem Alter Erkrankungen erleidet oder in jüngeren Jahren bereits mit Beeinträchtigungen leben muss.
Jedes Lebewesen spürt und reagiert auf den jeweiligen Grad des Wohlbefindens und versucht diesen zu verbessern, soweit dies in der vollständigen Abhängigkeit vom Menschen möglich ist.
Mit unserem Projekt der Lebenshilfe für das Tier innerhalb unserer Tierhilfe, versuchen wir so gut wie nur möglich das Befinden des Tieres zu erkennen, es zu respektieren, zu achten und darauf zu reagieren, wenn sich zeigt, das die gegenwärtige Lebensqualität den Bedürfnissen des Tieres nicht gerecht wird.
Ein höchstmöglicher Gesundheitsstandard bedeutet für das Tier bewusst empfundene Lebenszufriedenheit.
Soziale Kontakte
Ein gemütliches zu Hause ist in den Augen der Katzen auch ein Platz zum Toben, Spielen und Kräftemessen untereinander. Es braucht für das Katzenglück die Möglichkeit der Kontaktaufnahme zu Artgenossen, und die Möglichkeit diesen zu entgehen, wenn der Kontakt nicht erwünscht sein sollte. Und es braucht ab und an, oder auch sehr häufig einen wohltuenden und fürsorglichen Kontakt durch seinen Menschen.
Natur und Bewegung:
Jedes Lebewesen sehnt sich nach dem Entdecken seiner Umwelt, der Welt hinter dem Fenster. Auch wenn sie die meiste Zeit ihres Lebens ausschließlich in Wohnungen verbrachten verlieren sie nicht ihr reges Interesse an allen Dingen die vor den Türen geschehen. Für alle Katzen, die bei uns Aufnahme fanden, ist die Möglichkeit einen Garten nutzen zu können eine wunderbare Bereicherung. Das Genießen des Grases unter den Pfötchen, erste Sonnenstrahlen, ein paar Regentropfen, im Schatten dösen oder durch den Garten toben. Für viele dieser Katzen ist die Berührung mit der Natur ein völlig neues Erlebnis, das die Lebensgeister weckt, die Sinne stimuliert und Aktivität und Bewegung fördert. Dabei ist es unerheblich ob dieser Bereich begrenzt ist und durch einen Zaun gesichert. Solange der Bereich genügend Weite bietet um sich aus dem Weg gehen zu können, und auch einmal ein einsames Plätzchen zu finden ist, sind solche Grenzen nicht hinderlich, sondern vor allem auch ein wirkungsvoller Schutz vor der Gefahr durch den Straßenverkehr.
Chronische Erkrankungen in der jugendlichen Lebensphase
Auch junge Tiere können bereits von chronischen Erkrankungen betroffen sein, und Einschränkungen erleben, die sie an Aktivitäten hindern und therapeutische Maßnahmen erforderlich machen. Auch eine mangelnde Ernährung oder unbehandelte Erkrankungen in zurückliegender Zeit begünstigen chronische Krankheiten. Angeborene und erblich bedingte Krankheiten, gerade bei Tieren aus der Zucht können die Lebensqualität des jugendlichen Tieres erheblich beeinflussen. Dies gilt nicht nur für die klassischen Beeinträchtigungen wie Diabetes, Asthma, Epilepsie oder Allergie, sondern auch für chronische Nierenerkrankungen, Fehlstellungen im Bewegungsapparat, Schilddrüsenerkrankungen. ..etc
Wir haben sehr oft bei Katzen erleben müssen, wie stark sie doch bei einem sehr „kindlich“ gezüchtetem Gesicht mit platter Nase unter Atemproblemen, Zahnfehlstellungen und Augenausfluss leiden müssen.
Auch für das Tier sind chronische Beschwerden negative Beeinträchtigungen im Allgemeinbefinden, und können mit psychosozialen Konsequenzen verbunden sein. Chronisch beeinträchtigte Tiere brauchen Unterstützung und Hilfestellungen um bestmöglich mit ihrer Einschränkung leben zu können, ohne größere Einbußen in der Lebensqualität erleiden zu müssen.
Genaue Vorsorgeuntersuchen und eine gezielte Diagnostik ist notwendig um rechtzeitig zu erkennen, welche Ursachen für die betreffenden Beschwerden in Frage kommen, um eine chronische Erkrankung frühzeitig lindernd behandeln zu können.
Eine Therapie zielt meist nicht auf eine Heilung, sondern auf Reduzierung der Symptome.
Lebensqualität im Alter
Das Alter, zunehmende Lebenszeit und deren Erscheinungsbild werden sowohl beim Menschen als auch beim Tier immer noch negativ mit abnehmender Lebensqualität assoziiert.
Umfragen unter älteren Menschen in der Bevölkerung zeigen jedoch, dass Hochbetagte Menschen im Durchschnitt zufriedener sind als Angehörige jüngerer Gruppen.
Ältere Menschen sind erwiesenermaßen in der Lage, sich im Laufe ihres Älterwerdens an die veränderten Umstände mit ihrer Gesundheit anzupassen. Ihr Wohlbefinden ist das Ergebnis einer Anpassungsstrategie an die neue Situation und die Veränderten Bedürfnisse.
Diese Fähigkeit ist auch für Tiere das besondere Potential im Alter, eine Fähigkeit die auch alle anderen Lebewesen besitzen, wenn sie die Chance bekommen ihr Alter zu erleben und sich an veränderte Bedingungen anpassen zu können.
Pflege und Gesundheit
Meist ist die Hilfe des Menschen dabei, eine Nahrung herzustellen, die allen Bereichen seiner Veränderung gerecht werden kann und für ausreichend Flüssigkeit sorgt. Pürierte Diätnahrung mit Nahrungsergänzungen, Verdauungsunterstützenden Zusätzen und eine gezielt abgestimmte Medikamentation können enorme Hilfen sein, die dem Tier auf einem guten Weg weiterhelfen werden, Zeit zu gewinnen um Leben zu genießen. Wichtig ist, dem Tier durch vielfältige Hilfestellungen die Nahrungsaufnahme zu erleichtern. Entscheidend ist ein sicherer Umgang mit dem Tier, damit es diese Hilfe als positiv empfindet, und die Wirkung einer sicheren Versorgung erleben kann. Es bleiben ihm meist viele Symptome seiner Multimorbidität erspart, wenn Gewichtsabnahme, Unterversorgung und Dehydrierung zuverlässig und nachhaltig verhindert werden können. Der kleine Schützling bekommt die Chance sich trotz seiner erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen genährt, zufrieden und rundum versorgt fühlen.
Auf Grund unserer Beobachtungen können wir feststellen, das Tiere ihre Erkrankungen, Behinderungen und individuellen Einschränkungen nicht in Frage stellen, nicht damit hadern oder in Trübsinn verfallen, sondern die als unveränderlich wahrgenommene Situation annehmen und sich anpassen können, um ihr subjektives Wohlbefinden zu bewahren.
Das Interesse an Bewegung und Freude nimmt nicht mit zunehmendem Alter ab. Es verändert sich, wird maßvoller und angepasster. Sprang ein Tier vor Wiedersehensfreude in jüngeren Jahren noch an den Beinen empor, so wird es im Älterwerden andere Möglichkeiten des Ausdruckes unbändiger Emotionen finden, ohne weniger Freude zu empfinden.
Multimorbidität im Alter
Altern kann auch für Tiere mit einer relativen Verschlechterung des Gesundheitsstatus einhergehen. Viele Tiere leiden an mehreren gleichzeitig auftretenden Erkrankungen. Altern wird oft von funktionellen Verlusten wie der Einschränkung des Seh- und Hörvermögens sowie einer Reduktion körperlicher Beweglichkeit begleitet. Diese funktionellen Veränderungen in der Gesundheit sind für das Tier maßgebliche Verluste, da die Selbstbestimmte Lebenshaltung stärker eingeschränkt wird. Chronische Schmerzen haben den negativsten Einfluss und bedürfen einer aufmerksamen Beobachtung und Einschätzung um schmerzlindern helfen zu können. Bei vielen, gleichzeitig nebeneinander vorkommenden Krankheiten im Alter handelt es sich in der Regel um chronische Krankheiten.
Das ältere Tier wird seine Krankheiten meist bis an sein Lebensende haben, sie sind in der Regel behandlungsbedürftig und in ihrem Verlauf progredient. Die Multimorbidität kann mild bis stak ausgeprägt sein und das Auftreten von akuten Krankheiten beinhalten. Zusätzlich können die einzelnen chronischen Krankheiten einander auch negativ beeinflussen und Änderungen des Blutdrucks und im Fettstoffwechsel hervorrufen, die ebenfalls einer aufmerksamen Beobachtung und Therapie bedürfen.
Vertrauen und Schutz
Wichtigste Voraussetzung für eine sichere Lebensqualität des erkrankten oder älteren Tieres sind zuverlässige und gewohnte Bezugspersonen in ihrem Umfeld.
Eine sichere und vertrauensvolle Beziehung hat für das gesundheitlich eingeschränkte Tier die höchste Priorität. Das stabile Umfeld, die sozialen Netze der Artgenossen untereinander, die Einhaltung von Gewohnheiten und Regelmäßigkeiten stabilisieren das Vertrauen des Tieres in die pflegenden und helfenden Maßnahmen.